Auch heute habe ich wieder einen Roman abzugeben und den Gedanken freien Lauf gelassen. (Hoffentlich) viel Spaß beim lesen!
Ich hatte vor ein paar Tagen ja mein Erlebnis, das erste mal in offensichtlicher Damenbekleidung das Haus zu verlassen, geschildert. (In Form eines Zahnarzttermins) Hauptsächlich war das "offensichtliche" daran der Minirock und die Strumpfhose, ich hatte aber auch Stiefel aus der Damenabteilung an. Allerdings nur mit 5 cm Absatz, mehr traue ich mich noch nicht.
Seitdem hat sich trotzdem schon wiedereiniges getan, teilweise durch Mut, unfreiwilliger Selbstsabotage, oder teils auch Gleichgültigkeit. Ich setze mal meine schriftliche Selbstherapie fort, indem ich mich wieder auf dem Forum veräußerliche. Da sind sicherlich ein paar Dinge dabei, die viele von euch als banal oder selbstversändlich sehen, aber auch Situationen, die meinen Puls in's unermessliche getrieben haben.
1. Erlebnis (ungeplantes Outing):
Was ich noch nicht erzählt habe, ist dass der Tag ich nach dem kürzlichen Zahnarztbesuch im Rock und Stiefel noch etwas "eskaliert" ist. Ich war noch bei meinem Vater zum Essen eingeladen war, der im gleichen Ort wohnt. Das hatte ich wegen der ganzen Aufregung zuvor aber komplett vergessen Ich war ohne Ersatzkleidung auf dem Parkplatz der Praxis, welche nur ein paar hundert Meter vom Elternhaus entfernt ist. Verglichen dazu wären es über 60 km gewesen nach Hause zu fahren, mich umzuziehen, und wieder zurück. Die Verspätung dadurch hätte dazu geführt, dass ich mitten in der Nacht erst bei ihm aufkreuze. Er wusste auch, dass ich nur eine Zahnreinigung hatte, also hätte die Ausrede, "dass der ZA-Termin so lange gedauert hat", nicht gezogen. Darüber hinaus, hasse ich es, meine Eltern so dreist anzulügen. Meine Mutter liegt auch gerade im Krankenhaus (kommt am Montag wieder raus, keine Sorge), also wollte ich in diesem Kontext meinen Vater absolut nicht sitzen lassen.
Ich musste also Entscheiden:
- Abendessen kurzfristig absagen, und mit schlechtem Gewissen nach hause fahren?
oder
- In dem Outfit trotzdem meinen Vater besuchen und mich als Crossdresser outen.
Ja ich weiß. Die Situation ist dämlich und ich bin selbst schuld.
Das Ganze nur einen Tag nachdem ich das erste Mal den Mut aufbrachte, darüber überhaupt in einem anonymen Forum zu schreiben... Eigentlich wollte ich deutlich mehr Erfahrung mit dem Ganzen sammeln, bevor ich mein presönliches Umfeld damit angehe. Früher oder später hätte ich es denke ich mal so oder so gemacht, aber das war dann doch alles zu schnell für mich. Die andere Option (abzusagen) konnte ich in diesem Kontext aber absolut nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Also dachte ich, "kann ich das Pflaster heute schnell und (hoffentlich) schmerzlos abreißen". Mannoman, das geriet vielleicht schnell außer Kontrolle...
Also bin ich hingefahren und nahm all meinen Mut zusammen, ehe ich in's Haus gegangen bin. Ich habe selbst einen Schlüssel und lasse mich dort immer selber rein. Dann kurz wie immer "Hi!" durch den Flur geschrien. Er saß im Wohnzimmer und konnte mich noch nicht sehen. Da hat mich auf einmal der Mut verlassen und ich habe direkt einen Abstecher ins Bad gemacht unter dem Vorwand "ich müsste dringend wohin". Die nächsten 10 Minuten bin ich wieder aufgeregt im Kreis gelaufen und habe mich immer wieder - an mir selbst zweifelnd - im Spiegel angestarrt. Langsam wurde mir klar, dass es sowieso kein Zurück mehr gibt. Es wäre jetzt noch komischer, ungesehen wieder aus dem Haus zu rennen...
Also nahm ich mich mit gefühlt 200 Puls wieder zusammen und habe mich - nach 10 Jahren Heimlichtuerei - zum ersten Mal (fast*) unverstellt meinem Vater gezeigt. (*Noch nicht in richtigen HH) Erst war er - wie erwartet - überrascht, aber ließ mich erstmal sprechen, bevor er mir die (erwartete?) Frage stellt, ob ich Transsexuell bin. Ich machte ihm klar, dass es nur Kleidung ist, und dass ich nach wie vor ein Mann bin und es auch bleiben will. Ich erklärte ihm, dass ich mich in solcher Kleidung einfach wohl fühle, und dass ich immer noch die gleiche Person bin, nur dass es sein kann, dass ich mich in zukunft auch anders Kleide, als er es von mir bisher gewohnt ist. Er hat das für den Moment ohne Weiteres akzeptiert, was mich unglaublich erleichtert hat.
Off-Topic zum Thema High Heels, daher im Spoiler:
Da das Eis nun gebrochen war, habe ich die Gelegenheit ergriffen und - ohne groß weiter darüber nachzudenken - mich auch bei ihm als Bi geoutet. Auch das hat er ohne Wiederworte akzeptiert. Er meinte, "für ihn ändert sich dadurch nichts".
Ihr glaubt nicht, wie erleichtert ich in dem Moment war, als es vorbei war. Dann habe ich mit meinem Vater zu Abend gegessen, wir haben uns normal unterhalten, und er hat auf mich überhaupt nicht den Eindruck gemacht, als müsste er irgendwas "verarbeiten".
Meine Schwägerin, die zusammen mit meinem Bruder im gleichen Haus wohnt, hat mitbekommen dass ich zu Besuch bin und hatte Probleme mit ihrem Tablet. Ich bin der "Hobby-Informatiker" der Familie also dachte sie, ich kann das Problem schnell beheben und stürmte unangekündigt rein. Zu meiner Verwunderung erklärte sie einfach ihr Problem, erst später kam dann die Frage: "Wieso trägst du eigentlich ein Kleid?" Ich hatte nicht vor, das ganze Thema gleich nochmal durchzukauen und antwortete stumpf "Ist doch gar kein Kleid, sondern ein Rock." Darauf kam keine Antwort mehr und ich hatte das Tablet in der Mache und ich hatte derweil das Tablet zurückgesetzt. Sie hat sich bedankt und ist wieder gegangen. Keine Ahnung, ob sie meinem Bruder was davon erzählt hat. Sie ist aber schon ein "Plappermaul", ich gehe also stark davon aus. Später kam sie zurück, weil sie nochmal Hilfe bei der Neueinrichtung des Tablets gebraucht hat, hat sonst aber nichts mehr zu meinem Outfit gesagt und saß eine Weile bei meinem Vater und mir im Wohnzimmer während wir uns unterhalten haben, während sie am Tablet herumgedoktert hat. Der restliche Abend war ganz normal. Mein Bruder hat sich zwar nicht blicken lassen, das ist bei ihm aber nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen. Ich fuhr spät nach Hause und war mental erstmal komplett fertig.
So hätte ich mir den Donnerstag sicherlich nicht vorgestellt, als ich am Tag davor hier meine Vorstellung schrieb. Ich bin immer noch am rätseln, wie es zu der Situation kam, wo ich sonst so introvertiert war und nie aus der Reihe tanzen wollte. Ich denke, die viele positive Rückmeldung nach meiner Vorstellung hier im Forum hat mich unbewusst enorm motiviert. Dazu hat sich die letzten 10 Jahre sicherlich viel angestaut.
Meine Mutter lasse ich erstmal wieder ein paar Tage, vielleicht 1-2 Wochen zuhause ankommen, bevor ich sie auch noch damit konfrontiere.
2. Erlebnis: Kleine Testflüge auf der Arbeit
Meine neuen Lieblingsstiefel von Tamaris mit 5 cm Absatz hatte ich seitdem kombiniert mit "üblicher Männerkleidung" zwei Mal bei der Arbeit an; erst unter einer Jeans, dann am nächsten Tag über der Jeans, um sie voll zur Schau zu stellen. Beide Male kein Kommentar. Nicht einmal einen einzigen Blick auf mein Schuhwerk konnte ich feststellen.
Ganz ehrlich, als ich das erste Mal normale Herren-Barfußschuhe trug, konnte ich mehr Blicke ertappen!
3. Erlebnis (Familienessen)
Zumindest gegenüber meinem Vater und meiner Schwägerin war die Katze aus dem Sack. Trotzdem wollte ich noch nicht die ganze Familie konfrontieren, trug also wieder nur meine neuen Lieblingsstiefel von Tamaris mit 5 cm Absatz, in denen ich inzwischen - ohne was dabei zu denken - gerne das Haus verlasse. Diesmal sind die Stiefel auch wieder unter einer normalen straight fit Jeans, um bei den anwesenden Senioren nicht direkt aufzufallen. Ich hatte in dem Moment (2 Tage nach der 1. Story) einfach keine mentale Energie übrig für noch mehr Outings...
Zuerst in einer Wirtschaft getroffen und dort nett gegessen, dann ca. 5 km in unser nahegelegenes Ferienhaus gewandert um dort den restlichen Tag in der Gemeinschaft ausklingen zu lassen. Ich war zur Wanderung allein mit meinem Onkel unterwegs; Und der kennt die Gegend wie seine Hosentasche. Er wollte nicht langweilig über Feldwege laufen, sondern da ging es quer durch den Wald, über Stock und Stein, Bergauf und Bergab. Das haben die Stiefel 1A mitgemacht. Ich war sogar froh, dass ich Sie an hatte. Jeder andere Schuh in meiner "Alltagssammlung" wäre bei den Witterungs- und Geländeverhältnissen weit über seine Grenzen gekommen. Am Ferienhaus angekommen musste ich die Stiefel zum Trocknen trotzdem ausziehen und an den Ofen stellen. Somit waren sie wieder für jeden sichtbar, aber niemand hat sich dazu irgendwie geäußert.
Etwas später in einem Gespräch mit meiner Großmutter habe ich das Thema absichtlich etwas auf die Schuhe gelenkt indem ich angemerkt habe, "wie gut meine nagelneuen Stiefel die erste Wanderung überstanden haben." Ich war an einem Punkt an dem ich wissen wollte wie sie darauf reagiert, dass ein "normaler" Mann Schuhe aus der Damenabteilung trägt, auch wenn sie natürlich nicht so Feminim wirken wie 10 cm Stilettos. Also habe ich spezifisch erwähnt, dass ich sie in der Damenabteilung gefunden habe, da mir aus der Herrenabteilung nichts so gefallen hat. Sie meinte nur, die seien Schick und sehen nach sehr guten Winterstiefeln aus und hat mich noch ein bisschen über die Materialien, den Tragekomfort, und wo ich sie her habe ausgefragt. Meine Großmutter setzt sehr viel Wert auf gutes Schuhwerk. Also tat es gut auch mal mit einer richtigen "Kennerin" etwas über Schuhe zu sprechen, was ich vorher nie gemacht habe. Ich habe meine heimliche Liebe für Schuhe immer mit öffentlichem Desinteresse überompensiert. Darauf, dass ich speziell angemerkt habe, dass Damenschuhe sind, ist sie überhaupt nicht eingegangen. Auch mein Onkel - der in vielen Hinsichten sehr konservativ ist - hat es mitbekommen, aber sich nicht dazu geäußert. Der restliche Abend verlief wieder normal.
Fazit:
Meine Hingabe für Damenschuhe beschränkt sich nicht nur auf hohe Hacken. Ich finde einfach, dass selbst die schlichtesten Damenschuhe oft durch kleine Details schöner aussehen, als das was typischerweise in der Herrenabteilung zu ergattern ist. So ein Paar (ohne jeglichen Gegenwind) in meinen Alltag einzubinden bereitet mir also schon jetzt eine riesen Freude!
Es ist zwar immer noch nicht das gleiche, wie in einem "echten" HH rauszugehen, aber in der kurzen Zeit, seit ich das Forum entdeckt habe, und mit all dem Zuspruch, den ich von euch bekommen habe, habe ich allein in den letzten 4 Tagen mehr Fortschritte gemacht, als in den letzten 10 Jahren in meiner Anonymität. Nach dem Freifall am Donnerstag ziehe ich mich erstmal wieder etwas zurück und taste mich mal weiter Stück für Stück voran, mal mit neuen Leuten, mal viellecht mit anderen Schuhen.
Wer weiß, wie das nächste Jahr aussieht. Vielleicht feier ich Silvester bei meinen Eltern ja schon in 8 cm Absätzen!
PS: Für alle, die meine letzten Beiträge nicht gesehen haben, hier sind die Schuhe, um die es die ganze Zeit geht:
Freut mich zu lesen. Wieder einmal ein beleg, dass jeder viel zu sehr mit sich beschäftigt ist und sich nicht vorstellen kann wie wenig die Umwelt eigentlich wahrnimmt und wie banal und egal es werden kann, wenn es passt und einem selbst auch egal ist. Ähnlich wie mit unseren Gedanken wovon wir selbst nur einen Bruchteil als solche wahrnehmen. Aber manchmal neigt man dazu sich zu vergleichen. Da ist man selten auf der Gewinnerseite, wobei nicht das Problem ist mit was man sich vergleicht, sondern dass man es überhaupt tut. Jedenfalls bekommt man viel mehr von sich selbst mit und nur die wenigsten Gedanken schaffen es überhaupt der Umwelt mitgeteilt zu werden. Das was man aber von anderen hört ist auch nur sehr wenig von dem was dahintersteckt. Es erscheint aber wie 100%. Heißt, dass wenn man sich vergleicht schnell den eindruck gewinnen kann sehr viel schlechter, unfähiger, unqualifizierter,... zu sein als alle anderen.
Bezüglich der selbstbetrachtung und wie es auf die Umwelt wirkt kann ich folgenden Erfahrungswert beitragen: In meiner Jugend war ich sehr schüchtern und extrem introvertiert und habe mich selten zu banalen Dingen überwunden.Ich gewann also ohnehin den eindruck, dass ich bestenenfalls unbeachtet bin oder eher schlechtes zu erwarten habe (entspricht niemals der Wahrheit, aber es kann in uns zu Leben erwachen. Jedenfalls hatte ich damals eine Winterjacke, welche merkwürdig geschnittene und sichtbare Taschen hatte. Außerdem war die Farbe so eine komische Mischung aus Braun und einem dunklen Grün. Eines Tages in der Schule machte ein Klassenkamerad einen blöden Spruch zu der Jacke und ab da habe ich sehr viel fokus auf mein Erscheinen mit der Jacke gelegt und da ich eh sehr unsicher war, war es nur eine weitere Einladung an die anderen Schüler darauf rumzureiten und ihre Scherze zu machen.
Wenn ich versuchen würde so zu sein, wie es andere von mir verlangen, dann stünde auf meinem Grabstein geschrieben "mein Leben hat allen gefallen, nur nicht mir!"
Moin @LM1337 und all die anderen Leser Das mit den Schuhen klappt leider bei mir zur Zeit leider nicht so gut, Gründe sollten bekannt sein (noch unoparierte Hüfte), doch Kleider und Röcke sind bei mir die tägliche Kleidung. Mein Lebensumfeld hat sich mitlerweilen so sehr daran gewöhnt, selbst bei meiner Arbeit ist die Akzeptanz da. Dazu kommt das ich Komplimente von Frauen zu meiner Kledungsauswahl bekomme. Klar war ich vor zwei Jahren noch unsicher ob ich nicht in die "schwule" Ecke gedrängt werde, doch dies war nicht der Fall. Sellbst im Urlaub in verschiedenen Gegenden in Deutschland kam ich oft mit Menschen ins Gespräch die es gut finden das sich Männer trauen sich anders zu kleiden, fern ab vom Mainstream. Durch Vollbart und kahlen Kopf werde ich als Mann erkannt und gesehen. VG Samson
PS: ich glaube, das, wenn ich jemals wieder eine Hose trage eine totale Verwirrung stifte.
ich bin jetzt in einem Alter, wo ich nicht mehr sagen kann: mach ich später
super, Du machst ja richtig Fortschritte im Eiltempo. Dass Du Deinen Vater „eingeweiht“ hast ist wirklich mutig und toll, das ist für viele eine der größten Hürden… mein Vater lebt nicht mehr, da hat sich das leider erübrigt.
Du hast natürlich den großen Vorteil, dass Dein Vater wahrscheinlich so ungefähr mein Alter hat (bin Jg. 65) und auch schon in einer Zeit aufgewachsen ist, wo traditionelle Geschlechter-Bilder in Frage gestellt wurden. Alleine die Frage ob Du „Trans“ bist, zeigt ja, dass er das Thema kennt.
Wobei es auch immer eine spannende Frage ist, ob er das nicht besser kennt, als Du denkst…
Mein Sohn ist 25, ich habe das nie vor Ihm ausgelebt (bis vor Kurzem), so dass es hier keine Vorbild-Funktion gab (wenn es denn sowas überhaupt gibt !??) Er ist grundsätzlich wohl heterosexuell (jedenfalls hat er immer nur sehr hübsche Freundinnen… ) aber er trögt schon immer gerne Kleider, auch zusammen mit seiner Freundin, schminkt sich ganz gerne und hat sich auch schonmal HH von seiner Mutter geborgt… (er hat nur SG 39, der Glückliche). Wie er das lebt weiß ich nicht genau, er studiert nicht Berlin und leider sehen wir uns zu selten.
Was will ich sagen… der Apfel fällt meist nicht weit vom Pferd oder so…
Ich bin fast schon etwas neidisch auf deine Erfahrungen in der Familie. Momentan weiß nur meine Frau, in meinem Umfeld, von meiner Vorliebe für hohe Schuhe. Ich kann nachvollziehen wie schön es ist, sich ungezwungen mit einer Frau über Damenschuhe zu unterhalten. Auch wenn man beiläufig erfährt, dass die Frau, wenn sie in einem Schuhlanden ist, für mich in der Damenabteilung schaut.
Schön zu hören, das es so einen positiven Verlauf genommen hat, da war (mal wieder) der eigene Kopf der die größten Probleme gemacht hatte. Bei deinen Überlegungen wieder nach Hause zu fahren um sich Umzuziehen, da war ich am Überlegen was ich gemacht hätte. Das Ergebnis .... Da hätte ich den Weg auf mir genommen, besonders nach dem gestrigen Gespräch bei meiner Familie.
Wir waren auf dem Geburtstag meiner Nichte. Im Verlauf des Abends kamen wir auf das Gespräch über Leggings/Skinnyhosen. Da habe ich mal in den Raum geschmissen, das doch jeder das anziehen könnte wie ihm das gefiele. Mit soviel Gegenwind, besonders von meinen Bruder, hätte ich nicht gerechnet. Ich hatte erst vor eine Damenskinnyhose anzuziehen, da war ich froh das ich eine normale Hose an hatte, wer weiss was dann los gewesen wäre.
Vielleicht bin ich da etwas (= völlig) anders gestrickt, aber ich würde mir von niemandem - und schon überhaupt gar nicht von meinem Bruder (ich habe tatsächlich einen älteren solchen) - vorschreiben lassen, was ich anziehe. Und über "Gegenwind" von ihm könnte ich nur müde lächeln.
Aber so bin ich und andere sind anders. Auch kenne ich ja euer Verhältnis zueinander nicht.
Nur wenn ich so etwas lese, stellen sich mir spontan die Nackenhaare auf.
Übrigens gibt's auch den Spruch, dass man "Gegenwind" zum Abheben braucht / nutzen kann. Fällt mir gerade so dazu ein.
@LM1337: Solange Du selbst von "Damenbekleidung" redest, wird sich weder an Deiner und schon gar nicht an der Einstellung anderer dazu etwas ändern.
"Gegenwind"....so könnte auch mein älterer Bruder und Schwägerin reagieren bzw würde ich abfällige Kommentare ernten und grosses Gelächter. Die sind total konservativ und so wird man von denen, die nicht ihren Weltvorstellungen entsprechen, in die entsprechende Ecke geschoben. Mein jüngerer Bruder und seine Frau sind da viel weltoffener. Die kennen mich auch mit hohen Stiefeletten.
Vorschreiben lasse ich mir von keinem was ich anziehen möchte, lediglich meine Frau darf mitentscheiden da sie ja mit mir gehen muss. Und wenn sie im Moment noch nicht mag das ich auch Pumps trage dann respektiere ich das auch.
Vorschreiben was man anzieht bzw. wie man sein Leben gestaltet, das sollte man sich von keinem. Mein Bruder (Halbbruder) ist 17 Jahre jünger als ich. Ich hätte ihn nicht so konservativ eingeschätzt, wenn ich bei ihm mit Leggings/Damenhose und hohen Schuhen aufkreuze, dann müsste ich mit dummen Kommentar rechnen, das habe ich dem Gespräch gestern entnommen.
Und dass diese Kommentare eben dumm / engstirnig / u.s.w. sind, würde dann der Kommentarablasser auch von mir zu hören bekommen - und dass niemand* (und schon gar nicht dieser welcher) sich auch bloß ansatzweise einbilden sollte, dass sich andere nach seiner Meinung zu richten hätten. Und nix anderes als eine persönliche Meinung sind ja solche Kommentare, wobei eine eigene Meinung ja selbstverständlich ein jeder haben darf. Zudem kann man in einem solchen Fall ja auch einfach zutreffend sagen, dass man denjenigen gar nicht für so konservativ/ engstirnig / zu solch (dummen) Kommentaren fähig gehalten hat.
* zum Vorschreiben wollen sollte sich tatsächlich niemand versteigen, aber man selber kann ja auch Rücksicht auf jemanden nehmen, der sich zusammen mit einem Mann in hohen Schuhen und/oder mit Rock oder Kleid nicht wohlfühlt.
Ich weiß auch nicht genau, woran es liegt, aber ich habe einfach Zweifel, ob ich das so tragen kann. Als ich jünger war, hatte ich auch mal sehr lange Haare und habe sie sogar einmal schwarz gefärbt. Meine Mutter hat mich darin bestärkt, obwohl ich zusätzlich durch meine damals noch vorpubertäre Stimme und meinen nicht vorhandenen Bart von vielen als Mädchen identifiziert wurde. Auch in der Schule wurde ich dadurch in die Emo-Schublade gesteckt und musste mir immer wieder blöde Sprüche von meinen Mitschülern anhören. Nach kurzer Zeit (spätestens am nächsten Tag) war das aber wieder vergessen.
Bis auf die Tatsache, dass man als Hochzeitsgast vielleicht nicht gerade in T-Shirt und kurzen Hosen erscheinen sollte, habe ich mir nie wirklich Gedanken darüber gemacht, wie ich mich "für andere Leute" anziehe. Jetzt, als Erwachsener, fällt es mir plötzlich sehr schwer, die Gedanken anderer auszublenden.
Ich möchte nicht nur im Rock herumlaufen, das ist nicht mein Ziel. Ich möchte, dass mein Umfeld das genauso akzeptiert, als wenn ich in normalen Jeans auftreten würde. Ich weiß nur noch nicht, wie ich mein restliches Umfeld an die Sache heranführen soll. Wahrscheinlich ist es am einfachsten, wie beim ersten Mal einfach so aufzutauchen. Quasi ins kalte Wasser springen. Ob das so besser ist, oder ob ich das Thema vorher in "gewohnter Montur" anspreche und mich vorantaste, weiß ich noch nicht.
Mein Vater ist noch ein paar Jahre älter als du. Ich wusste gar nicht, dass in den letzten 50 Jahren die Geschlechterbilder in Frage gestellt wurden oder sich verfestigt haben. Oder zumindest, dass es in beide Richtungen geht. Klar, die Frauenmode wird immer maskuliner, aber umgekehrt passiert meiner Meinung nach nicht viel. Kannst du mir ein Beispiel nennen? Das würde mich sehr interessieren.
Das Thema Vorbild oder Beeinflussung hatte ich auch schon auf dem Schirm. Ich habe seit zwei Jahren eine Nichte und habe schon überlegt, wie umfangreich ich das Ganze in ihrer Anwesenheit auslebe. Meine Schwägerin hatte ja zumindest mal kein Problem mit meinem Auftreten. Vielleicht mache ich mir unnötig Gedanken.
Ich habe schon öfter gelesen, dass es Männer gibt, die trotz HH, Schminke, Kleidern und so weiter trotzdem sehr viel Erfolg bei den Frauen haben. Dabei hat sich aber immer gezeigt, dass es sich um Studierende und junge Leute in städtischem Umfeld handelt. Also quasi im optimalen Umfeld für Akzeptanz und Toleranz. Von solchen Fällen in ähnlicheren Lebenslagen wie meiner habe ich leider noch nicht gelesen.
So wie ich es bis jetzt im Forum gelesen habe, haben die meisten von euch ihre Partner erst nach längerer Zeit über eure Vorliebe aufgeklärt. Ich habe noch nicht gelesen, dass einer seine Partnerin kennengelernt hat, während er selbst HH trug.
Ich habe oft gelesen, dass verständnisvolle Partnerinnen, die ihren Mann vielleicht sogar von ihrer Seite aus dazu bringen, nach draußen zu gehen, eine große Hilfe sind. Ich muss sagen, ich war echt überrascht, wie viele hier offen und ehrlich damit in der Beziehung umgehen oder trotz dieses Hobbys überhaupt eine Beziehung haben. Ich hatte da wohl meine eigenen Vorurteile. Jeder Beitrag, der davon erzählt, wie die Partnerin einen unterstützt, hilft mir, dieses Vorurteil, dass die Damenwelt uns in HH nicht akzeptiert, zu überwinden. Aber ich habe es leider noch nicht ganz geschafft.
Na ja, dein Bruder hat ziemlich überreagiert. Andererseits würde er wohl anders reagieren, wenn er "so jemanden" direkt gegenüberstehen würde. Egal, wie gut man jemanden kennt, weiß man doch nie, wie sie tatsächlich auf unkonventionelle Dinge reagieren – sei es nun Kleidung oder irgendetwas anderes. Die meisten Leute lästern gerne, haben aber selten den Mut, es einem ins Gesicht zu sagen.
Deine Aussage zum Begriff "Damenkleidung" ist ein guter Punkt. Aber die Modeindustrie ist immer noch dabei, ihre Produkte für Damen und Herren getrennt zu designen und auch so auszuweisen. Das Ganze wäre sicherlich einfacher, wenn alles unter dem Begriff "Unisex" laufen würde.
Wie ich aber festgestellt habe, juckt es eigentlich keinen, aus welcher Abteilung etwas kommt. Zumindest bei meinen relativ neutralen Stiefeletten. Mir fehlt noch die Erfahung in der Öffentlichkeit um festzustellen, wie die meisten auf Männer im Rock oder in Strumpfhosen reagieren.
Ich denke, es gibt auf beiden Seiten bestimmte Tabus, was der oder die andere außen tragen darf. Das sollte man respektieren.
Andererseits frage ich mich, wie eine Beziehung langfristig hält, wenn ich mich dabei nicht entfalten kann. Wenn man(n) zumindest zuhause – und nicht immer nur alleine – seinen Reiz ausleben kann, ist das sicherlich schon mal viel wert.
Das sind keine Fantasien. "Den Gedanken freien Lauf lassen" ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck. Ich würde sagen, eher "aus der Seele sprechen". Das soll nur sagen, dass ich hier so gut wie möglich rüberbringen will, was ich selbst in diesen Situationen gedacht und gefühlt habe. Aber ich schreibe gerne in diesem Stil, weil ich finde, dass es sich einfach besser liest. Ich will ja nicht nur erzählen, was passiert ist, sondern auch, was mir dabei durch den Kopf gegangen ist.
Einerseits würde ich mir wünschen, dass es Fantasie wäre. Ich verbringe immer noch viel zu viel Zeit damit, darüber nachzudenken, wie es bei den anderen angekommen ist. Vor allem zum Donnerstag frage ich mich immer noch, ob das nicht alles total überstürzt war. Aber jetzt ist es passiert und ich kann es nicht mehr rückgängig machen. Leider kann ich mein "coming out" noch nicht wie viele andere als rein positive und befreiende Erfahrung einordnen. Zum einen, weil es bisher nur ganz bestimmte Menschen mitbekommen haben und zum anderen, weil die Reaktionen bisher so verhalten waren und ich eigentlich, wie schon beschrieben, mit viel mehr Gegenwind gerechnet hatte. Jetzt spielt mein Kopf wieder verrückt und ich mache mir wieder Sorgen, dass das böse Erwachen vielleicht doch noch hinten rum kommt.
Deshalb habe ich auch ein paar Tage gezögert, über den Teil mit meinem Vater zu schreiben. Ich habe selbst gemerkt, wie surreal das klingt. Nachdem ich in meinem ersten Beitrag so stark meine Unsicherheit und Mutlosigkeit beschrieben habe und dass ich nicht dazu neige, impulsiv zu handeln, und dann am nächsten Tag so ein Erlebnis ...
Hallo wieder mal eine coole Geschichte die du da niedergeschrieben hast vor allem dein plötzliches Outing gegenüber deines Vaters und deiner Schwägerin sehr lesenswert.
Machs einfach wäre toll wenn der Kopf es zulassen würde.
Auch ich habe meinem Mädel vor über 16 Jahren reinen Wein eingeschenkt. Ich hatte mein erstes Treffen mit ihr zwar ohne Heels, aber mit ihr vor dem Treffen ausgiebig darüber philosiphiert und einen Tag nach unserem Treffen auch Bilder geschickt. Sie fand es interessant und auch aufregend, da sie bis dahin noch niemanden mit dieser Vorliebe kannte. Heute, 16 Jahre später akzeptiert sie es immer noch, möchte aber nicht mit mir in die Öffentlichkeit. Zuhause kann ich aber tragen was ich möchte.
Genau, wie @MisterRockz erwähnt, habe ich meine Partnerin mit Heels kennengelernt. Das kannst du hier nachlesen: Mrs. eleflo
Man muss die Leute ins kalte Wasser werfen. Anfangs habe ich auch immer abgewogen, wo kann ich hingehen wo die Wahrscheinlichkeit entdeckt zu werden gering ist. Das war auf die Dauer so zermürbend, dass ich irgendwann die Karten auf den Tisch gelegt habe.